Mitte Oktober 2022 analysierten die Amazon-Analytics-Experten von emax digital für das D2C-Radar, wie sich die D2C-Marken unserer Top-100-Liste "D2C Brands to watch" auf Amazon.de präsentieren. Gut ein halbes Jahr später wollten wir wissen: Wie haben sich diese Marken auf Amazon.de weiter entwickelt?
Das Ergebnis überrascht: Denn obwohl die Zahl von D2C-Brands, deren Produkte über Amazon.de kaufbar sind, von 62 auf 65 leicht erhöhte, sank die Zahl der kaufbaren Angebote um rund ein Viertel von 7.517 auf 5.674. Damit wird deutlich: Die D2C-Marken haben ihre Portfolios stark getrimmt und umgestellt. Viele Produkte sind komplett offline oder aktuell nicht mehr erhältlich. Immerhin: Die Anzahl der Marken, die gar nicht auf Amazon zu finden sind, ist gleichgeblieben.

Die D2C-Brands haben ihr kaufbares Produktsortiment auf Amazon.de stark zurückgestutzt
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Fallende Preise trotz Inflation
Emax digital hat sich auch die Veränderung des Preisniveaus der untersuchten Marken und Produkte auf Amazon angesehen. Das Ergebnis: Der durchschnittliche Preis für alle aktiven Produkte der untersuchten 65 D2C-Marken ist seit Oktober 2022 um 6,7 Prozent gefallen ist. Wie zuvor zeigt der Blick in die Details aber ein differenziertes Bild.
Insgesamt sind 49 Prozent der D2C-Brands mit einem durchschnittlich günstigeren Produktportfolio auf Amazon.de online: Hier sankt der Durchschnittspreis aller Produkte dieser Marken um 21 Prozent auf 61,06 Euro. Bei 43 Prozent ist der Durchschnittspreis um 16 Prozent auf 63,53 Euro gestiegen. Und acht Prozent der Marken sind mit Produkten aktiv, die vorher nicht erhältlich waren. Hier lag das Preisniveau zum Stichtag bei durchschnittlich 50,49 Euro.

Auf Amazon.de erkennt man zwei in etwa gleiche starke Preis-Trends: Einerseits die Gruppe an Marken, die seit dem letzten Jahr Produkte mit höheren Preisen anbieten und eben die Gruppe, die im genauen Gegenteil mit günstigeren Produkten auf dem Online-Marktplatz experimentiert.
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Content- und Marketing-Check: Hier ist noch Luft nach oben
Im Rahmen des Updates wurde ebenfalls untersucht, wie es um die Produktdarstellung und die Nutzung der von Amazon angebotenen Marketing-Instrumente wie dem Brand Store oder sogenannten A+-Content bei den angebotenen Produkten bestellt ist. Das Ergebnis überrascht, da die D2C-Marken im Vergleich zur letzten Erhebung das Potenzial an Optimierungs- und Marketing-Maßnahmen insgesamt weniger ausschöpfen. Gleichzeitig setzen sie stärker auf Amazons Kundenbindungsprogramme und bauen auch ihren Footprint mit als "nachhaltig" gekennzeichneten Produkten aus.
Zu den absoluten Basics erfolgreichen Verkaufens auf Amazon gehört das Optimieren des Produktitels mittels geeigneter Keywords. Um einen Eindruck zu erhalten, wie gepflegt große Mengen an Produkten sind, kann man zum Beispiel einen Blick auf die durchschnittliche Zeichenlänge von Produkttiteln werfen. Die Hypothese: Je länger die Titel, desto mehr Mühe ist aufgewandt worden, diesen zu optimieren.
So zeigen inzwischen 40 Prozent der untersuchten aktiven Produkte nur noch einen Titel mit einer Länge von weniger als 100 Zeichen. Bei der letzten Untersuchung lag der Anteil "nicht optimierter" Titel bei nur 29 Prozent. Das bedeutet, dass die Marken hier mehr Suchbegriffe und relevante Produktbeschreibungen nutzen könnten, um mehr Umsatz-Potenzial durch eine verbesserte Auffindbarkeit zu heben.
Im gleichen Zeitraum hat sich die Anzahl der Produkte mit einer durchschnittlichen Titellänge von mehr als 150 Zeichen von 43 Prozent auf 31 Prozent zurückentwickelt. Die Produkte, die in der Vergangenheit anscheinend sehr stark optimiert wurden, sind also zu ca. einem Drittel verschwunden. 52 Prozent der Produkte sind mit einer Zahl von 100-150 Zeichen im Titel im Mittelfeld angesiedelt. Die Vermutung liegt nahe, dass die Marken, die ihr Angebot auf Amazon insgesamt zurückgefahren haben, sich auf einfache Optimierung beschränken und ihre Zeit inzwischen anderweitig priorisieren.

Die D2C-Marken schöpfen im Vergleich zur letzten Erhebung das Potenzial an Optimierungs- und Marketing-Maßnahmen auf Amazon.de insgesamt weniger aus und scheinen ihre Zeit auf andere Maßnahmen zu fokussieren.
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Für den optimalen Markenauftritt auf Amazon ist ein Brand Store unabdingbar, bedeutet aber immer auch Aufwand, da Bilder, Texte und auch Videos geplant und gepflegt werden müssen. Immerhin 75 Prozent der untersuchten D2C-Marken nutzen diese Funktion. Allerdings ist der Anteil seit der letzten Betrachtung um sieben Prozent gesunken, ein deutliches Indiz, dass Marken ihre Präsenz auf Amazon zurückschrauben oder zumindest aktuell ihre Ressourcen anderweitig einsetzen.
Das gleiche Bild zeigt sich bei den aufwändigeren Content-Optionen wie Videos und A+ Content. Bei 31 Prozent der Marken wurden Produkte mit Video-Content gefunden. Und auch hier ist der Anteil gesunken – um ganze 24 Prozent. Immer noch 64 Prozent der Produkte werden mit A+ Content ausgestattet, ein Minus von 15 Prozent seit der letzten Bestandsaufnahme.
Auf der anderen Seite ist der Anteil der Produkte, die im Rahmen von Amazons Kundenbindungsprogramm kostenlos und schneller bestellt werden können, um 108 Prozent deutlich gewachsen. Die D2C-Marken nutzen also verstärkt Amazons Mechanismus zur Kundenbindung, meist vermutlich über Amazon-Logistikdienstleistung, dem sogenannten Fullfillment by Amazon (FBA). Die Marken sind also stärker in das Amazon-Ökosystem eingebunden als noch zuvor. Gleichzeitig haben die Marken weiter in das Thema Nachhaltigkeit investiert und den Anteil ihrer Produkte mit dem von Amazon gestellten, grünen "Climate Pledge"-Label um 20 Prozent gesteigert. Dazu zählen die Marken Ankerkraut, Foodspring, Hellobody, KoRo, Lillydoo, Lizza, MyMuesli, Oatsome, Pets Deli, Reishunger, Rosental Organics, Shape Republic und Snocks.
Leider scheint es Amazon ihnen nicht zu danken. Der Anteil der Produkte der untersuchten D2C-Marken, die mit dem begehrten Amazon’s Choice Label ausgezeichnet wurden, ist um 25 Prozent gesunken.
Fazit
Insgesamt scheinen die D2C-Marken auf Amazon noch mit ihrer Rolle auf dem Riesen-Marktplatz zu kämpfen. Die Zahl der aktiven Angebote auf Amazon.de der untersuchten Marken hat sich deutlich verringert, die Marken haben ihre Portfolios gestrafft, konzentrieren sich eher auf Kernprodukte oder ein ausgewähltes Portfolio. Gleichzeitig fehlen die Ressourcen für die Optimierung jeder einzelnen Detailseite oder dem Betrieb eines ansprechenden Markenauftritts.
Die gegensätzlichen Preisstrategien zeigen das Dilemma noch deutlicher: Einerseits braucht es günstige Preise, um in den stark umkämpften Segmenten mitzuhalten und überhaupt Umsatz zu generieren. Auf der anderen Seite helfen in Zeiten von Kostensteigerungen und Inflation nur höhere Preise dabei, profitabel zu bleiben.