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Digitales Produktdesign So können Marken eine digitale Identität aufbauen

Die Digitalisierung schreitet voran. Die Hälfte des Tages verbringen junge Generationen online und interagieren auf digitalen Kanälen mit Marken. Unternehmen, die verpassen, ihre Marke in ein digitales Pendant umzuwandeln, riskieren vergessen zu werden.

Nur die Transformation hin zu einer ganzheitlichen Markenpersönlichkeit ermöglicht es, Kund:innen langfristig zu binden und sie zu loyalen Wiederkehrer:innen zu machen.

Ein Beitrag von Thomas Latus, Gründer und CEO der mdulr.design GmbH, einer Agentur für digitales Produktdesign.

Ein Blick hinter die Oberfläche

Sehr wenige Unternehmen unterscheiden sich heute noch durch ein funktional einzigartiges Produkt- oder Leistungsangebot. Wirklich differenzieren können sie sich nur durch eine digitale Identität, die sich an jedem Berührungspunkt mit Kund:innen wiedererkennen lässt. Dies ist nicht nur eine Frage des visuellen Erscheinungsbildes. Um den Kern ihrer Marke zu verstehen und digital erlebbar zu machen, sollten Unternehmen hinter die Oberfläche blicken. Nur so können sie besser verstehen, was Menschen emotional antreibt und worin die Gemeinsamkeiten mit ihrem Unternehmen liegen.

Erwartungen und Emotionen: Das Beziehungsverhältnis zwischen Kund:in und Marke

Menschen kaufen von Menschen. Daher ist es wichtig, dass Marken sich im digitalen Raum menschlich verhalten. Dabei reicht es nicht, Personas abzuleiten und die Kund:innenzentrierung im Blick zu haben. Auch die Marke muss das Persönlichkeitsprofil schärfen, um unverwechselbar zur Konkurrenz zu sein. Damit weder Kund:in noch Marke isoliert betrachtet werden, kann die Definition einer wechselseitigen Beziehung dazu verhelfen, eine Ebene auf Augenhöhe zu schaffen. Es sollte also nicht nur der eigene Markenkern in digitale Produkte übertragen werden. Darüber hinaus ist es wichtig, das Beziehungsverhältnis zwischen Kund:in und Marke zu definieren und zu verstehen. Daraus ergeben sich beiderseitige Erwartungen und Bedürfnisse.

Beziehungen sind sehr unterschiedlich und werden von Nähe, Gefühlen und Machtgefällen geprägt. Vom schnellen Flirt, über Geschäftspartner bis zu alten Freund:innen kann eine Beziehung sehr unterschiedlich ausgelebt werden, insbesondere auf der emotionalen Ebene.

Egal, ob online oder analog: Es ist wichtig, dass sich Kund:innen entlang unterschiedlicher Berührungspunkte konsistent angesprochen fühlen und das Gefühl haben zu wissen, was sie erwartet. Ähnlich wie in einer gefestigten Beziehung sollten Erwartungen durchweg erfüllt und sogar übertroffen werden, sodass daraus eine langfristige Bindung entstehen kann. Im übertragenen Sinne könnte eine solche Beziehung wie folgt entstehen:

  1. Der erste Flirt: Die erstmalige, unverbindliche Suche im Onlineshop.
  2. Das erste Date: Die Nutzer:in entscheidet sich zur Wiederkehr und interessiert sich aktiv für Produkte. Beide lernen etwas übereinander (Stichwort Daten).
  3. DieBeziehung: Nutzer:in wird Kund:in, indem sie durch personalisierte Angebote etwas im Online-Shop kauft und einen eigenen Benutzeraccount erstellt.
  4. Die erste gemeinsame Wohnung: Marke und Kund:in teilen Interessen und Präferenzen, was zukünftige Einkäufe durch konstante, personalisierte Angebotserstellung (z. B. per Newsletter) stark beschleunigt. Konkurrierende Online-Shops werden trotz günstigerer Preisgestaltung übersehen.
  5. Die Eheschließung: Marke und Kund:in fühlen sich auf Lebenszeit verbunden. Kunde:in entscheidet sich konsequent gegen alternative Angebote von anderen Shops und kauft selbstverständlich und loyal nahezu jedes empfohlene Produkt des verbundenen Online-Shops. Nach dem Apple-Motto: Ein “No-Brainer-Upgrade”.

Storytelling: Eine gemeinsame Ebene schaffen

Ein Gefühl von Zusammengehörigkeit zwischen Kund:in und Marke entsteht durch Gemeinsamkeiten. Wie in einer Beziehung werden ähnliche Weltanschauungen, Werte, Bedürfnisse und geteilte Erfahrungen berücksichtigt. Gemeinsame Erlebnisse und Erinnerungen, die im Gedächtnis bleiben, entstehen in diesem Fall über viele Nutzungen sowie digitale und analoge Touchpoints hinweg. Die Kund:innen-Reise fühlt sich wie eine aufregende Erzählung an, in der er oder sie die Hauptrolle spielt.

Beispiel: Zalando erzählt in seiner App Geschichten rund um die Produkte herum. Dort gibt es außerdem Outfit-Inspirationen im Social-Media-Style, bei denen man konkrete Looks nachshoppen kann. So hebt sich Zalando von anderen Shops ab und bleibt Nutzer:innen im Kopf.

Emotionale Prinzipien aus dem Marketing gelten also nicht bloß in der Werbung, sondern können auch eine Rolle in digitalen Erlebnissen spielen. Berührungspunkte müssen passgenau emotional berühren (z. B. durch fesselnde Storytelling-Methoden). Jede technische oder deskriptive Interaktion ist eine Verschwendung der Aufmerksamkeit, welche die Chance auf ein positives digitales Erlebnis und damit langfristige emotionale Bindung verpasst.

Dabei ist zwischen einem einzelnen Use-Case (UX) und einer gesamtheitlichen Orchestrierung der gesamten Kundenreise über Jahre hinweg (CX) zu differenzieren. Der Unterschied zwischen CX und UX liegt in der Reichweite der Kund:innen-Erfahrung. UX zielt darauf ab, ein außergewöhnliches Erlebnis zu bieten, wenn ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung genutzt wird, und konzentriert sich dabei auf die Einfachheit und Effektivität der Nutzung. Im Gegensatz dazu umfasst CX die gesamte Interaktion auf der Kund:innenreise mit der Marke und deckt alle Berührungspunkte und Erlebnisse ab.

Marken sollten ihren Kund:innen im übertragenen Sinne also nicht nur ein leckeres 3-Gänge-Menü bieten, sondern einen hochwertigen Restaurantbesuch, der vom Empfang bis zum Ausgang in jedem Moment möglichst viele Sinne stimuliert und damit ein unverwechselbares Erlebnis schafft. Marken unterscheiden sich nämlich heute nicht mehr allein durch ihren Unternehmenszweck bzw. Purpose, sondern eben durch das Gesamterlebnis. Da digitale Erfahrungen über verschiedenste Kanäle erlebbar sind, ist dies in der heutigen Zeit eine riesige Chance für Marken, immersive Erlebnisse zu schaffen, die Kund:innen zu loyalen Wiederkehrer:innen machen.

Auch bei digitalen Produkten das Gefühl von Kontrolle, Sicherheit und Klarheit fördern

In der emotionalen Bindung kommt es nicht nur darauf an, Gefühle zu adressieren, sondern auch grundlegende Erwartungen zu erfüllen. So ist es wichtig, dass Menschen sich etwas (z. B. Marken) zugehörig fühlen und Freude bei der Benutzung von digitalen Produkten haben. Noch wichtiger ist es allerdings, dass sie (insbesondere in unsicheren Zeiten) das Gefühl von Kontrolle, Sicherheit und Klarheit haben. Sie wollen wertgeschätzt, gehört und in ihrem persönlichen Status erkannt werden und sich entsprechend fair behandelt fühlen.

Es ist wichtig, dass Unternehmen Kund:innen glaubhaft das Gefühl geben, dass ihre Bedürfnisse und Wünsche berücksichtigt werden, um damit das Vertrauen in das Unternehmen, dessen Marken und Produkte zu stärken und die Loyalität zu erhöhen. Nachfolgend ein paar einfache Schritte, die Unternehmen noch heute angehen können:

  • Sammeln und Verarbeiten von Kundenfeedback (In-App Feedback oder Umfragen)
  • Optimierung der Produkte und Services, um Kund:innen-Zufriedenheit zu erhöhen
  • Regelmäßige Überprüfung der Kund:innen-Bewertungen auf diversen Plattformen, wie z. B. Google
  • Offene und ehrliche Reaktionen auf Kritik über Social Media Plattformen
  • Identifikation von Trends innerhalb des Kund:innen-Feedbacks und Adaption der Produktstrategie

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine erfolgreiche Transformation der Marke in eine digitale Identität eine umfassende Betrachtung der Kund:innen-Bedürfnisse erfordert. Neben hier nicht aufgeführten Aspekten wie Datensicherheit, Barrierefreiheit, Transparenz und Personalisierung, sind das Verständnis der Beziehung zwischen Kund:in und Marke sowie das Schaffen einer gemeinsamen Ebene zentrale Elemente. Wichtig ist auch, dass Unternehmen das Gefühl von Kontrolle, Sicherheit und Klarheit fördern und auf das Feedback ihrer Nutzer:innen eingehen. Nur so können sie zu diesen langfristige Bindungen aufbauen und sie zu loyalen Kund:innen machen.