Große D2C-Brands in Deutschland nutzen mehrheitlich auch Amazon als Vertriebskanal. Das zeigt eine exklusive Analyse der Amazon-Spezialisten von emax digital für das D2C-Radar. Als Basis der Analyse diente die D2C-Radar-Liste "100 D2C-Brands to watch". Diese Brands wurden von emax digital auf eine Präsenz bei Amazon.de hin untersucht.
Das Ergebnis: Von den 100 gelisteten Marken wurden 75 mit 11.895 Produkten tatsächlich auf Amazon.de gefunden. Allerdings bieten nur 62 Marken Produkte an, die dort auch wirklich erhältlich sind. Die restlichen 13 Marken haben zwar Produkte mit einer Produktdetailseite auf Amazon.de, sind also gelistet - es gibt jedoch keine Buy Box und sie waren zum Stichtag nicht erhältlich.

Nur 25 der "Top 100 D2C-Brands to watch" haben auf Amazon.de überhaupt keine Präsenz
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Unter den auf Amazon.de aktiven D2C-Marken sind viele aus den Kategorien Lebensmittel (Ankerkraut, KoRo und Reishunger mit den meistgelisteten Produkten), Uhren & Schmuck (z. B. Paul Hewitt und Purelei), sowie Bekleidung (vor allem Snocks). Auffällig ist, dass sich im Bereich Beauty besonders viele D2C-Marken drängeln, angeführt von Maniko Nails mit dem meisten Produkten.

Die meisten Produkte listet Ankerkraut auf Amazon.de
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21 Prozent der D2C-Brands lassen über Amazon.de verkaufen
Spannend ist auch die Analyse, wie die D2C-Marken bei dem Online-Riesen verkaufen. Denn einige der neuen Marken probieren hier ganz traditionelle Einzelhandelsmodelle aus.
Die meisten von ihnen, insgesamt 45 Prozent, treten allerdings tatsächlich als reine D2C-Marken auf und verkaufen ausschließlich selbst an die Kunden. 15 Prozent der D2C-Marken hingegen vertreiben ihre Produkte zudem im Vendor-Modell und zusätzlich durch andere Seller. Das Vendor-Modell entspricht dabei dem klassischen Einzelhandel, also B2B, in dem der Hersteller an einen Händler verkauft (in dem Fall Amazon.de), der wiederum die Beziehung zum Endkonsumenten steuert.
Eine weitere Alternative sind hybride Modelle: So verkaufen acht Prozent der D2C-Marken in einer Kombination aus eigenem D2C-Business und Vendor-Modell. Elf Prozent nutzen die Variante eigenes D2C-Business und weitere Händler auf Amazon.de.
In Summe verkauft also mehr als jede fünfte Brand nicht selbst auf Amazon.de, sondern nutzt ausschließlich das Vendor-Modell oder ist nur über Drittanbieter auf dem Marktplatz erhältlich. Das kann bewusst so gewollt sein oder es fehlt bei den oft noch jungen Marken schlicht an Kapazität, die eigenen Marktplatz-Ambitionen auch umzusetzen. In jedem Fall zeigen die Daten, dass D2C-Marken auf dem Amazon-Marktplatz mit unterschiedlichen Modellen aktiv sind und sich ausprobieren.
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Nur 45 Prozent der D2C-Brands aus Amazon.de setzen ausschließlich auf das Seller-Modell
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Durchschnittspreise aller Produkte im Vendor-Modell liegen um 43 Prozent niedriger als im Seller-Modell
Ein Grund, die verschiedenen Verkaufsmodelle auf Amazon.de auszuprobieren, ist sicherlich die Frage, welche Preise sich für welche Produkte erzielen lassen. Hier hat emax digital die durchschnittlichen Produkt-Preise der Marken, die als D2C- und auch Vendor-Modell auf Amazon.de verkaufen, untersucht. Und jetzt wird es spannend: Denn im Durchschnitt liegen die Preise für alle Produkte im Vendor-Modell um 43 Prozent niedriger als die Preise aller Produkte im Seller-Modell (D2C). Woran genau das liegt, kann an der Zahl allein nicht abgelesen werden. Allerdings liegt die Vermutung nahe, dass die Marken ihre Sortimente entsprechend zwischen den Vertriebsmodellen aufteilen, um den größtmöglichen Nutzen daraus zu ziehen. Der Unterschied zwischen Durchschnittspreis im Seller- versus Vendor-Modell ist allerdings auch stark von den jeweiligen D2C-Marken abhängig, die vermutlich eigene Preis-Strategien auf Amazon.de verfolgen.

Ihre hochpreisigeren High-Level-Produkte vertreiben die D2C-Brands auf Amazon.de eher selbst
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Die D2C-Marken im Content-Check: 81 Prozent haben einen Brand-Store, aber es gibt noch Luft nach oben
Die aktiven 7.517 Produkte der 62 D2C-Marken auf Amazon.de wurden auch entlang ihrer Produktdarstellung, also hinsichtlich ihres Contents, untersucht. Das Ergebnis: Durchwachsen. Die meisten Marken nutzen die Möglichkeiten, auf Amazon.de mit gutem Content Sichtbarkeit aufzubauen, schon sehr gut, lassen aber auch einiges an Potenzial liegen. So haben immer noch 29 Prozent der untersuchten Produkte einen Titel mit weniger als 100 Zeichen, könnten also deutlich mehr Suchbegriffe und Produktbeschreibungen unterbringen. Denn der Titel eines Produktes auf Amazon.de ist ausschlaggebend für den Erfolg in der organischen Suche und sollte die Hauptsuchbegriffe beinhalten. Ist er zu kurz, liegt die Vermutung nahe, dass hier wertvolle Möglichkeiten für ein besseres Ranking in der organischen Suche auf Amazon.de liegen gelassen werden.
Allerdings haben stolze 81 Prozent der untersuchten Marken einen eigenen "Brand Store" auf Amazon.de, in dem - wie in einem "Store-in-Store" - die eigene Markengeschichte erzählt werden kann. Überhaupt nutzen D2C-Marken die Möglichkeiten ihre Produkte mit mehr als nur Text und Bildern darzustellen: 41 Prozent der Produkte werden mit einem Video auf ihrer Detailseite beworben und ganze 75 Prozent der Produkte enthalten den aufwändigen A+ Content, der bessere Marketingmöglichkeiten zur Verbesserung der Conversion Rate und zum Cross-Selling bietet. "A+ Premium Content" wird allerdings von keiner der Marken verwendet, vermutlich auch, weil dieser nur Marken im Vendoren-Modell und gegen Aufpreis zur Verfügung steht.
Nur 25 Prozent aller Produkte werden als "Prime" angeboten
Überraschend ist, dass nur 25 Prozent der Produkte mit der Versandoption "Prime" angeboten werden, die dem Kunden eine schnellere, kostenlose und sichere Lieferung garantiert. Zudem tragen bislang nur fünf Prozent der Produkte das “Climate Pledge”-Label. Mit der 2020 gestarteten Initiative "Climate Pledge Friendly" will Amazon es Verbrauchern leichter machen, Produkte zu erkennen, die nachhaltig hergestellt und verpackt wurden. Eigentlich ein Heimspiel für moderne D2C-Marken. Wenn ein Produkt die Kriterien erfüllt, wird ein Abzeichen in der Suchliste und auf der Produktseite angezeigt. Bis jetzt konnten sich aus der untersuchten D2C-Top-100-Liste nur die Marken Shape Republic, Lizza, Reishunger, My Muesli, Foodspring, Lillydoo, Ankerkraut, Armed Angels und Koro dieses Zeichen sichern.

29 Prozent der untersuchten Produkte haben einen Titel mit weniger als 100 Zeichen
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Die Top 100: Experimentierfreudig auf Amazon.de
Insgesamt scheint es, dass reine D2C-Marken auf Amazon.de nicht immer das Erfolgsmodell sind. Die oft noch jungen, digital affinen Marken probieren verschiedene Verkaufskanäle aus. Sie scheuen auch nicht vor dem Vendor-Modell zurück, in dem sie traditionell ihre Produkte an den Händler, in dem Fall Amazon.de, verkaufen. Gleichzeitig ist nicht jede der Top-100-Marken auf dem Amazon-Marktplatz überhaupt vertreten, oder überlässt das Feld anderen Wiederverkäufern. Es bleibt spannend, ob Amazon.de seine Attraktivität als traditioneller Händler erhalten kann oder ob D2C-Marken langfristig lieber bei ihrem eigenen Marktplatzgeschäft bleiben werden.